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Der Hegau in römischer Zeit (ca. 15 v. Chr. - 400 n. Chr.)


Mit der Besetzung des Voralpenlandes durch die Legionen Roms wird eine Zeitepoche eingeleitet, die etwa 400 Jahre lang das Besiedlungsbild der Bodenseeregion massiv prägen sollte. Aus den ersten vier Jahrhunderten n. Chr. sind zahlreiche Fundstellen der römischen Kaiserzeit am Ufer und im Hinterland des Bodensees bekannt. Das Gebiet war seit dem Alpenfeldzug (15. v. Chr.) von Drusus und Tiberius, Adoptivsöhne von Kaiser Augustus, unter römischer Kontrolle. Die von Westen und Osten heranmarschierenden Legionen vereinigten sich am Bodensee. Zuvor lieferte sich Tiberius eine bis heute umstrittene Schlacht auf dem See mit dem östlich des Bodensees ansässigen Keltenstamm der Vindeliker.
Die Besiedlung setzte jedoch erst in den letzten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. verstärkt ein. Durch die weiter nach Norden verschobene römische Grenze war die Bodenseeregion nun sicheres Hinterland. Die planmäßige Vermessung und Parzellierung des Landes sowie der Bau von Straßen bildeten die Grundlage für die zivile Aufsiedlung. Vermutlich waren nach wie vor Kelten im Bodenseeraum ansässig, die jedoch rasch „romanisiert“ wurden. Mitten durch den Thurgau und Hegau verlief die damaligen Grenze zwischen den römischen Provinzen Obergermanien im Westen und Rätien im Osten. Die an wichtigen Verkehrswegen liegenden Städte „Iuliomagus“ (Schleitheim/SH) und „Brigantium“ (Bregenz) waren die Hauptorte der jeweils zugehörigen „civitas“, wie die großen Verwaltungsgebiete innerhalb der Provinzen bezeichnet wurden.
Die „villae rusticae“ waren große landwirtschaftliche Güter, die aus mehreren Gebäuden bestanden und mit einer Mauer umgeben waren. Sie wurden oft von ehemaligen Offizieren der römischen Armee bewirtschaftet und produzierten Überschüsse, die zur Versorgung der Zivilsiedlungen und Kastelle dienten.
259/260 n. Chr. fiel der obergermanisch-rätische Limes, die großen Grenzbefestigung, welche das römische Reich vom unbesetzten Germanien trennte. Die römischen Truppen und zivilen Siedler mussten sich angesichts der aus dem Norden anrückenden germanischen Stämme wieder an den Rhein und an den Bodensee zurückziehen. Die Alemannen, ein Konglomerat verschiedener Germanenstämme, waren schon seit Jahrzehnten eine ständige Bedrohung gewesen. Möglicherweise sind in diesen Unruhezeiten viele römische Siedlungen nördlich des Bodensees bereits vor dem eigentlichen Limesfall freiwillig aufgegeben worden. Andere Siedlungen dürften infolge jener germanischen Übergriffe zerstört worden sein. Wenige Funde im nördlichen Hinterland des Bodensees zeigen allerdings, dass vermutlich auch nach Zurückverlegung der Grenze einzelne römische Gutshöfe und Siedlungen noch einige Jahre weiter existierten.

In der Spätzeit der römischen Herrschaft verläuft die Grenze vom östlichen Ende des Bodensee als militarisch gesicherte Grenzstrasse bis zur Iller und, dieser „nassen“ Grenze folgend, bis an die Donau. Im Westen dagegen bildete nun der Rhein die Grenze. Die spätantiken Kastelle in Arbon („Arbor Felix“), Konstanz, Pfyn („Ad Fines“) und Stein am Rhein (siehe die jeweiligen Kapitel) dürften um 300 n. Chr. errichtet worden sein und schützten im 4. Jahrhundert den Grenzverlauf und die Gebiete südlich des Bodensees. Verstärkt wurde diese Grenzlinie durch eine Reihe von Wachtürmen entlang des Rheins. Kurz nach 400 n. Chr. wurde die römische Verteidigungslinie am Rhein endgültig aufgegeben.

Abb.122